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presse - artikel

Helmut Heidenreich

 

Nacherzähler großer Originale


Hans-Christian Oeser liest im Romanischen Haus in Gelnhausen aus seiner Übersetzung des „Großen Gatsby“

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„So kämpfen wir uns voran, Boote gegen die Strömung, unablässig zurückgetragen, der Vergangenheit zu“, lautet die von Hans-Christian Oeser verfertigte Übersetzung des fnalen Satzes aus dem Roman „The Greats Gatsby“ von F. Scott Fitzgerlad. Oeser war auf Einladung von Tobias Gros, Inhaber der Brentano Buchhandlung, nach Gelnhausen ins Romanische Haus gekommen, um aus dem genannten Werk, welches er aus dem amerikanischen Englisch übersetzt hat, zu lesen.

       „Es macht mir immer große Freude, nach Gelnhausen zu kommen“, begrüßte er die Zuhörer und gab anschließend einen gerafften Überblick über den Inhalt, den Hintergrund und die handelnden Personen der 1925, vier Jahre vor der Weltwirtschaftskrise erschienenen Geschichte. Es geht dabei um den „großen Gatsby“, einen reichen und geheimnisvollen Mann, um dessen Vergangenheit sich viele Spekulationen ranken. Einen Mann, dessen ganzes Handeln darauf ausgerictet ist, seine große Liebe namens Daisy zurückzugewinnen. F. Scott Fitzgerald zeichnet dabei ein beeindruckendes Gesellschaftsporträt der „Roaring Twenties“ mit der vorherrschenden Gier nach Geld und Materiellem. Die Hauptperson, Jay Gatsby, „träumt den schönen Traum, die Vergangenheit zu wiederholen, um die Gegenwart neu zu erschaffen“, wie es in der Buchbeschreibung heißt. Allerdings endet diese Suche nach der verlorenen Zeit tragisch.

       Diese Lesung allein hätte schon gereicht, um den Abend spannend und interessant zu gestalten. Oeser brachte aber noch mehr. Er zeigte anhand des eingangs zitierten finalen Satzes aus dem Roman auf, wie schwierig es immer wieder ist, aus der Originalsprache zu übersetzen und dabei den Sinn der ursprünglichen Aussage beizubehalten. Er machte dies anhand von neun unterschiedlichen Übersetzungen dieses Satzes deutlich, verfertigt von verschiedenen Übersetzern. „Jeder Übersetzer bringt seine literarische Handschrift in eine Übersetzung ein“, so Oeser. Dabei war ihm wichtig, verständlich zu machen, „dass man bei einem übersetzten Buch niemals das Original liest“. Immer wieder steht er bei seiner Arbeit vor der Kernfrage: „Wie weit darf ich mich bei der Übersetzung einzelner Begriffe vom Original entfernen?“ Dass ihm diese schwierige Aufgabenstellung erfolgreich gelingt, zeigen seine vielen Übersetzungen namhafter Werke, darunter Mark Twain „Geheime Autobiographie“, sowie Auszeichnungen und Preise. Außerdem ist er ein exzellenter „Leser“.

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(Gelnhäuser Tageblatt, 10. Oktober 2013)
 

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