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presse - rezensionen

Claire Keegan: Reichlich spät. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Göttingen: Steidl Verlag, 2024.

Ich habe zum ersten Mal etwas von Claire Keegan gelesen und bin begeistert von ihrem eleganten, klaren und flüssigen Schreibstil, wodurch die Geschichte eine Atmosphäre erhält, die mich in ihren Bann gezogen hat. Sicherlich hat auch die Übersetzung hier gute Arbeit geleistet. Dadurch entsteht ein Text, der einerseits leicht zugänglich ist, andererseits durch die zahlreichen Leerstellen der kurzen Geschichte aber auch Raum für tiefgründige Interpretationen und persönliche Reflexionen lässt.

(Lu, bücher.de, 23. Februar 2024)

Also, "Reichlich spät", aus dem irischen Englisch übersetzt von Hans-Christian Oeser - ganz toll übrigens, großartig -, der das Gesamtwerk von Claire Keegan ins Deutsche gebracht hat, in einer wirklich sehr schönen Ausgabe im Steidl Verlag.

(SWR Kultur, lesenswert Quartett, 26. April 2024)

Mit großer Erwartung habe ich dieser Neuerscheinung entgegengefiebert. Bereits die englische Ausgabe von Claire Keegans Erzählung erfreute sich bei uns hoher Beliebtheit. Allen, die lieber auf Deutsch lesen, empfehle ich diese wunderschöne bibliophile Ausgabe aus dem Steidl Verlag, dem König hochwertiger Buchgestaltung. Hans-Christian Oeser ist die deutsche Stimme von Claire Keegan und hat auch dieses Werk kongenial übersetzt.        

      Bereits auf der ersten Seite trifft mich die Autorin mitten ins Herz: „So vieles im Leben verlief reibungslos, ungeachtet des Gewirrs menschlicher Enttäuschungen und des Wissens, dass alles einmal enden muss.“ Der Satz klingt wie ein Omen für die Geschichte. Erst nach dem Ende der Lektüre erfassen mich die Worte nochmals neu mit dem Blick einer Wissenden. (...)

      Ich habe die Geschichte viel zu schnell gelesen, und bin wieder einmal beeindruckt, wie es Claire Keegan mit wenigen, schlanken Sätzen gelingt, eine Stimmung zu erzeugen, der man sich nicht entziehen kann. Sommerlich leicht ist das Fenster, durch das wir schauen. Winterlich kalt hingegen die Essenz. Ein Buch, über das ich noch länger nachgedacht habe. Und das seitdem in meinem Regal funkelt.

(Simone Finkenwirth, stories! Die Buchhandlung, April 2024)

Claire Keegan, geboren 1968 in der irischen Grafschaft Wicklow, die bereits mehrfach für ihre Erzählungen ausgezeichnet worden ist wird, völlig zurecht, als eine der bedeutendsten Autor:innen Irlands gehandelt. So late in the day heißt ihr Titel im Original, den klangvoll und einfühlsam Hans-Christian Oeser übersetzt hat. Tatsächlich mag ich den deutschen Titel sogar noch lieber, weil er in seiner Doppeldeutigkeit so gut passt. Auch das Cover fängt einen Schlüsselmoment ganz herrlich ein. Viel Freude Euch beim Entdecken!

(Petras Bücher-Apotheke, April 2024)

Kein Jahr ohne Beitrag zu Claire Keegan! Ich bin komplett Fan ihrer Art zu erzählen. Direkt nach Erscheinen habe ich SO LATE IN THE DAY gelesen, tatsächlich erstmals im Original, und jetzt die deutsche Übersetzung von Hans-Christian Oeser - und die ist einmal mehr unglaublich gelungen. Oeser trifft Keegans Ton und ihre reduzierte Sprache einfach so unverwechselbar, dass ich seine Übersetzung fast lieber gelesen habe als das Original, auch weil ich manchmal denke, dass mir auf Englisch etwas von Keegans Andeutungen und sprachlichen Feinheiten entgeht.

      Für den Text selbst wünsche ich allen, auch wenn es bei der aktuellen medialen Präsenz fast unmöglich ist, vorab nichts über den Inhalt oder die thematische Ausrichtung zu wissen. Wenn man weiß, worum es geht oder was sich hinter der Hauptfigur verbirgt, nimmt es einem bei Claire Keegan immer etwas vom Kennenlernen der Figuren, vom Deuten der Hinweise. Nicht zuletzt weil REICHLICH SPÄT ein moralisch so eindeutiges Urteil zur Hauptfigur fällt, sollte man den Lesenden, insbesondere den Männern, die Entwicklung dorthin bzw. das Erlesen dieses Charakters nicht schenken.

      Die klare Positionierung macht REICHLICH SPÄT (das warumauchimmer nicht „So spät am Tag“ heißt) zwar zu einer der weniger ambivalenten Keegan-Stories, doch liegt darin auch eine Stärke, denn sie macht die Geschichte greifbarer, zugänglicher. Und wenn man bedenkt, welche Lesenden normalerweise eine 60-seitige, in Leinen gebundene Short Story für 15 Euro kaufen - so schön diese Steidl-Ausgaben auch sind -, wäre Claire Keegan ein hierdurch erschlossenes, größeres Publikum natürlich nur zu wünschen.
 

(Christian Simon, 16. Mai 2024)

Als sie ihm in den Sinn kommt, ist der Tag, an dem wir ihn bis in die Nacht begleiten, schon fast vorüber. Ein Freitag, an dem er im Büro seine Heimfahrt verzögert, die Ankunft im ländlichen Vorort Arklow, dann ein langer Abend mit Fernseher zur Torte und einer Flasche Champagner. Seine Gedanken kreisen um die Beziehung mit Sabine, und man fragt sich, ist er ein Mann, der verlassen wurde und leidet? Doch Claire Keegan legt Spuren, die etwas anderes enthüllen, und in kleinen Schlüsselsätzen, subtilen Erinnerungsfetzen entsteht ein Mosaik, das erst ganz am Ende, in Cathals letzten Gedanken in der Nacht zum Bild wird. Doch der Weg dahin ersetzt in dieser kurzen, nur 55 Seiten umfassenden Erzählung der vielfach ausgezeichneten irischen Schriftstellerin einen ganzen Roman, von Hans-Christian Oeser glänzend übersetzt: In präzise erfassten Splittern genauer Beobachtung entsteht das Bild eines Mannes, der kleinlich und rechenhaft ist, seiner Freundin nichts zu geben hatte, aus seiner frauenfeindlichen Haut nicht herauskann. Das ist zuweilen komisch, dann auf tragische Weise festgefahren, bis man schließlich als Leserin ebenso an ihm verzweifelt wie die lebensfrohe Sabine, die immerhin bei ihm einzog.

(Lore Kleinert, Neue Buchtipps)

Wenn man Cathal sieht, wie er desinteressiert auf den Fernseher
starrt und dabei Stücke einer penisförmigen Torte und den Inhalt
einer Flasche Champagner in seinen Körper befördert, ist das so
traurig wie verstörend. Doch Cathal steht nicht für einen Mann am
Rande der Gesellschaft. Er wohnt nebenan, er sitzt auf dem Nachbarsitz im Bus, er steht vor einem an der Supermarktkasse. Er ist einer von uns. Und er will Sabine heiraten. Trotz aller Deutlichkeit
(die Geschichte hieß bei ihrer ersten Veröffentlichung „Misogynie“) balanciert Claire Keegan die von Hans-Christian Oeser souverän übersetzte Erzählung so geschickt aus, dass viele Lesende ein Oszillieren zwischen Abscheu und Mitleid wahrnehmen werden, und eine dritte Emotion: das Grauen.

(Digo Chakraverty, Literaturbeilage des Luxemburger Tageblatts, Mai 2024)

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