presse - rezensionen
Anne Enright: Das Familientreffen. Roman. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2008.
Dieser Roman gehört zu den Meisterwerken aktueller Neuerscheinungen und wird sicher viele Leser begeistern. Die hervorragende Übersetzung von Hans-Christian Oeser ist ausdrücklich zu erwähnen!
(Claudine Borries, BookReporter, 29. September 2008)
Am 19. September 2008 erschien der Roman auch in einer – von Hans-Christian Oeser wahrhaft kongenial erstellten – deutschen Fassung mit dem Titel DAS FAMILIENTREFFEN.
Ich habe Enrights schonungslosen Roman mit seiner hinreißend gnadenlosen Sprache zwei oder drei Mal im Original gelesen und im Stillen immer gebetet, dass man dieses elegant und brillant geschriebene Werk bei der Übersetzung nicht ruinieren möge. Wie es scheint, werden manche Gebete doch erhört.
(Maran Alsdorf, 1. Oktober 2008, http://www.literaturzirkel.eu/autoren_e/enright_a_1.htm)
Anne Enright umfängt ihre Geschichte mit einer Sprache, auch in der deutschen Übersetzung, die sich wie mit Sehnen um das brüchige Skelett der Existenz legt. Das Gerüst wird in seiner Nacktheit sichtbar, manchmal rüde, sarkastisch zuweilen und mit einer Trauer ohne Trost; ohne Sentimentalität, mit einer Klarsicht, wie sie nur der Hass hervorbringen kann. Aber das warme Fleisch fügt sie auch dazu, es pulsiert im Sprachfluss dieses Romans. Es ist die unauslöschliche Sehnsucht nach der Liebe. Der Liebe der Lebenden und der Toten.
(Rose-Maria Gropp, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15. Oktober 2008)
Für ihre literarische Hasstirade hat Anne Enright neben zahlreichen Lobeshymnen auch den Booker-Preis 2007 erhalten. In der jetzt erschienenen deutschen Übersetzung von Hans-Christian Oeser lässt sich der Hype kaum nachvollziehen. Zu indifferent erscheint der rund 350 Seiten lange Wutanfall, als dass sich aus ihm tiefgreifendere Erkenntnisse gewinnen ließen. Es ist eine allzu starke Ich-Erzählerin, die ganz genau weiß, was in ihrer Familie richtig und was falsch gelaufen ist. Auf jede Frage findet sie eine Antwort, für jeden Konflikt einen Grund: Zweifel, Ungewissheiten oder gar Selbstkritik werden schmerzlich vermisst. Familientreffen können mitunter Zorn verursachen. Ob dieser jedoch eine geeignete Voraussetzung zur literarischen Verarbeitung darstellt, ist zu bezweifeln.
(Johannes Bruggaier, Kreiszeitung Syker Zeitung, 22. Oktober 2008)
Zugegeben: Mitunter tönt Veronicas Stimme, Veronicas Wut schrill in den Ohren. Mitunter verwackeln der Erzählerin im hohen Ton aufgewühlter Emotionen die Sprachbilder. Und doch ist es Anne Enright - und auch ihrem Übersetzer Hans-Christian Oeser - gelungen, das ganze Gewicht einer Lebenskrise einer leichten Sprache von hoher Assoziationskraft anzuvertrauen.
(Bernadette Conrad, Die Zeit, 20. November 2008)
Wie wohlschmeckend sich alle dies Facetten in der einen einzigen Erzählstimme, der Veronicas, verbinden, das ist meisterhaft. Das ist ein Ess-, will sagen ein Leseerlebnis ganz unvergleichlicher Art. Weswegen der Originaltitel des Romans, "The Gathering", auch etwas besser passt.
Aber nichts gegen die Übersetzung von Hans-Christian Oeser, auch sie ist exzellent. Und so finden sich in Anne Enrights jüngstem Roman (für den sie 2007 den Man-Booker-Preis bekam, die wichtigste Auszeichnung für englischsprachige Literatur) fast ausschließlich Sätze, die man zweimal, dreimal lesen möchte. Und das auch tut. Man kommt gar nicht voran. So wie der Roman selbst gar nicht vorankommt, und das will er auch nicht, er will keine Story abarbeiten. Er will sich seiner selbst vergewissern. Es gibt wenig Romane, die so vollendet, so dicht, so rauschhaft erzählen, ohne dass sie auf der Zeitebene so wenig Tempo machen.
(Ulrich Deuter, K.WEST. Das Feuilleton für NRW, Dezember 2008)
Der Tonfall existentieller Traurigkeit und Verlorenheit ist mit einem schnoddrigen Humor, einer unsentimentalen pragmatischen Direktheit durchsetzt. Dieser großartige und bewegende, von Hans-Christian Oeser glänzend übersetzte Roman endet mit den Sätzen: "Seit Monaten falle ich in mein eigenes Leben. Und bin dabei, aufzutreffen" - ein Katastrophenbild, in dem insgeheim ein Hoffnungsschimmer durchscheint.
(Hans-Dieter Fronz, Die Rheinpfalz, 19. Dezember 2008)
Nichts davon wird wirklich Thema, aber alles gipfelt in Sentenzen, die der Autorin vermutlich vorkommen wie kühne Paradoxien: “Woran denken Männer, wenn Sie knien? Ich glaube nicht, dass es in ihrer Natur liegt, zu beten: Sie sind zu stolz.” – “Denn plötzlich war ich mir vieler Dinge sicher. Unter anderem, dass die Leute vögelten, das war eines von den Dingen, die sie trieben.” – “Charlie, der stets sein Glück versuchte, dabei versuchte ihn stets sein Glück, und Glück und Unglück waren ein und dasselbe.” Da konnte auch der Übersetzer nichts mehr retten.
(Maja Rettig, Badische Zeitung, 3. Januar 2009)
Übersetzer Hans-Christian Oeser hat einen großartigen Job gemacht, so dass auch den deutschen Leserinnen und Lesern die poetische Sprache der Autorin als individueller Duktus erhalten bleibt. Es verwundert nicht, dass dieser Roman mit seiner bedrückenden Atmosphäre, seiner Bildlichkeit und der sprachlichen Finesse mit dem Booker-Preis 2007 ausgezeichnet wurde.
(Anne Retter, Monster and Critics, 1. Januar 2009)