top of page

lob- und dankreden

Walter Grünzweig

 

Brückenbau und Displacement 
Überlegungen zu Hans-Christian Oesers Übersetzung von Mark Twains Autobiographie

Sehr geehrte Damen und Herren,

als amerikanistischer Literaturwissenschaftler und nur gelegentlicher Übersetzer war es für mich eine große Ehre, in die Jury des Braem-Preises gewählt zu werden. Und es ist eine noch größere Ehre, die Laudatio für den Gewinner des diesjährigen Helmut-M.-Braem-Preises, Hans-Christian Oeser, zu halten.

      Ich erlaube mir, mit einem längeren Zitat von Kenneth Goldsmith, einem Enfant Terrible der amerikanischen Lyrikszene und akademischen Provocateur zu beginnen, der durch Begriffe wie „uncreative writing“ und „interventionist poetry“, mit denen er die „conceptual literature“ weiterentwickelte, bekannt geworden ist. In einem Statement problematisierte er Übersetzung im Kontext von displacement:

"Die Dynamik der digitalen Kultur läuft parallel mit der Bewegung von Körpern im Fleischraum. Ungeheure Migrationen von Menschenmassen versprengen [displace] Körper in der ganzen Welt und ähneln dabei unheimlich der Verteilung von Datenpaketen in den Netzen.

      Übersetzung ist eine überaus humanistische Attitüde. Sie ist höflich und vernünftig, eine allzu vorsichtige Brückenbauerin. Sie fragt immer um Erlaubnis, bettelt um Verständnis und Freundschaft. Sie ist optimistisch und doch vorsichtig, sie konzentriert alle ihre Hoffnungen auf ein harmonisches Ergebnis.

      Die Globalisierung dagegen produziert Versprengung und Vertreibung. Menschen werden versprengt, Gegenstände werden versprengt, Sprache wird versprengt. Im globalen Kreislauf werden Komponenten austauschbar; es gibt einfach nicht genug Zeit – und schon gar nicht genug Energie – fürs Verstehen. Stattdessen begegnet man zögerlicher Akzeptanz und borniertem Unverständnis, das sich irgendwann einmal in Resignation verwandelt. Niemand scheint mehr zu bemerken. Übersetzen ist überholt. Auf den Sportplätzen gibt es Werbung in fremden Sprachen, die der übergroßen Mehrzahl der Zuschauer im Fleisch unverständlich sind – stattdessen wenden sie sich an weit entferntes TV- und Webcast-Publikum, ziehen am Lokalen zugunsten des Globalen vorbei, erfassen das Nichtsehbare, das Unbekannte, das Anderswo.

      Übersetzung ist idyllisch, eine privilegierte Beschäftigung einer verloren gegangenen Welt; Versprengung und Vertreibung dagegen sind brutaler Fakt. Übersetzung ist Slow Food: ein gutes Mahl unter Freunden, in warmer Umgebung; Versprengung dagegen ist, wenn man die Speisekarte nicht lesen kann in der fluoreszierenden Brechung, die plötzlich von nirgendwo auf der Straße erscheint. Übersetzung ist die falsche Nostalgie nach der LP; Vertreibung ist die Sturzflut der MP3: zerschlagen, Gestalt geworden, entkörperlicht.

      Wenn Kunst noch irgendwie relevant sein soll, muss sie solche tiefschürfenden Umstände aufgreifen, unmittelbar oder indirekt, metaphorisch oder direkt. Heute sind die medialen Netzwerke und die kulturelle Produktion ein und dasselbe, folgen dem Modell des Digitalen oder werden von ihm geprägt."

In diesem Zitat geht es Kenneth Goldsmith nicht um Kritik am Übersetzungsprojekt, er verwendet Übersetzung lediglich metaphorisch zur Charakterisierung der Aufgabe von Kunst im digitalen Zeitalter der Versprengung, Verdrängung und Vertreibung, des displacement, und trotzdem fühle ich mich herausgefordert als gelegentlicher Übersetzungskritiker und noch gelegentlicherer Übersetzer. Natürlich tut er Übersetzer/innen unrecht. Weder vom Habitus noch vom Einkommen her kann man sie mit beschaulicher, wenn auch progressiver, bohemienhafter Bürgerlichkeit assoziieren – so würde ich Goldsmiths Blick aufs Übersetzen jetzt einmal zusammenfassen. Aber der humanistische Anspruch, die humanistische Attitüde, wie er böserweise sagt, ist natürlich schon da, und übrigens nicht bloß bei Übersetzer/innen, sondern auch bei Literaturprofessor/innen – und ich glaube, wir wollen diesen Anspruch auch nicht aufgeben.

      Und so war und ist mir Kenneth Goldsmiths Provokation, die in der Verkündigung gipfelt, dass Übersetzen überholt sei, „out-dated“ durch digitale Dateien, Vor-Wurf, übers Übersetzen nachzudenken und darüber, was sich nun in diesem Zeitalter der Globalisierung und der radikalen medialen Vernetzung mit ihrer globalen Verwerfung von Datenpaketen vielleicht geändert hat – auch und gerade am Übersetzungsprojekt.

      Als ich Goldsmiths Statement las, hatte ich mich gerade intensiv mit Hans-Christian Oesers Übersetzung von Mark Twains Autobiografie befasst. Ich hatte zunächst einmal pure Freude an dem Buch. Die Amerikanistik sieht Mark Twain bzw. Samuel Langhorne Clemens gerne als "Realisten" und verweist auf gut gemachte Romane wie Huckleberry Finn, dessen strukturelles Problem ein unüberwindlich Geographisches ist, nämlich dass der Mississippi in die falsche Richtung fließt, immer tiefer ins Territorium der Sklaverei, und die Befreiung des Sklaven Jim deshalb als Deus ex Machina und nicht als selbstbestimmter Akt erfolgen muss.

      Aber diese neue Autobiografie von Samuel Langhorne Clemens ist ein modernistisches Werk, das verschiedenste Texte, verschiedenste Textgattungen, verschiedenste Zeitebenen aneinander montiert. Kohärenz ist genauso wenig gefragt wie Konsistenz, der Autor schweift ab, verliert sich, findet sich woanders wieder. Wie Goldsmiths auf der Festplatte oder im Netz versprengte Datenpakete haben wir hier eine Literatur des displacement. Die riesige Stoffmasse des Textes fügt sich, wie Hans-Christian Oeser im Deutschlandradio sagte, keinem Gestaltungsprinzip.

      Die zahlreichen Kommentare im Netz, dass doch Teile dieser Autobiografie schon publiziert worden seien, laufen gerade hier ins Leere, denn diese geglätteten, ungebeten lektorierten und damit verfälschten Ausgaben vernichten die monumentale Größe dieses Werks. In diesem findet sich dieser andere Clemens, den viele von uns so besonders schätzen, der Vertreter der frühen Globalisierung, ein politisch denkender Kosmopolit, ein Anti-Imperialist – einer der wenigen in seiner Zeit –, ein Anti-Kolonialist, ein radikaler und zynischer Kritiker am Status quo.

      Der Text passt mit seiner Vertreibungs- und Vernichtungsthematik also in Goldsmiths Charakterisierung von globalisierter Kunstproduktion, und obwohl es von der Zeit seiner Niederschrift als Diktat zur Digitalisierung noch eine Weile hin war, wurden in der Art wie Texte in diesem Band versprengt werden, doch wesentliche Momente der digitalen Kultur vorweggenommen.

      Aber nicht nur der Text, auch Hans-Christian Oesers Übersetzung spricht Goldsmiths Fragen an. „Jeder zweite Satz“, so sagte Oeser auf einem Symposium, nicht spezifisch über Clemens, sondern übers Übersetzen im Allgemeinen, "stellt eine Herausforderung dar, der sich ungeachtet aller inzwischen gesammelter Erfahrungen und aller beruflicher Routine nur mit einem gerüttelt Maß an geistiger und sprachlicher Anstrengung beikommen lässt. Beinahe gewinne ich den Eindruck, dass mir – wie sicherlich auch vielen Kollegen und Kolleginnen – die Arbeit im Verlauf der Jahre immer weniger leicht von der Hand geht. Insofern nimmt die Zahl der Übersetzungsprobleme, denen ich mich gegenübersehe, anders als man annehmen sollte, eher zu als ab."

      Der Übersetzer, so sagte mir Oeser in einem persönlichen Gespräch, hat ein angespanntes Verhältnis zu seinem Text, ist unzufrieden nicht nur mit der eigenen Übersetzung, sondern auch mit dem Text, und wenn damit den meisten der hier anwesenden Übersetzer/innen kaum Neues gesagt werden wird, so ist dieses angespannte, konfliktreiche Verhältnis als ästhetisches Kriterium wohl nicht so bekannt und den Rezipient/innen von Übersetzungen viel weniger vertraut als das Wort von der Kongenialität.

      Es gibt einen Schlüsselbereich in diesem Buch, so ziemlich genau in der Mitte des Bands, Eintrag datiert Montag, 12. März 1906, wo Clemens die Chronologie der Autobiografie aufgrund eines aktuellen Ereignisses verlässt:

      "Wir wollen jetzt nicht weiter über meine Schulkameraden von vor sechzig Jahren sprechen, sondern später auf sie zurückkommen. … So stark mein Interesse auch sein mag, für den Augenblick wird es von einem aktuellen Vorfall verdrängt, der noch interessanter ist."

      Bei dem Vorfall handelt es sich um das Massaker an einer philippinischen Ethnie, den Moros, das von der U.S.-amerikanischen Armee begangen wurde. Es war die Art von Aktion, der wir im traurigen 20. Jahrhundert immer wieder begegnen werden. Mit böser Ironie sagt Twain einleitend: „da sie Feinde waren und bitter gegen uns, weil wir seit acht Jahren versuchen, sie ihrer Freiheit zu berauben, war ihre dortige Anwesenheit eine Bedrohung für uns.“

      Clemens erwähnt nicht die Religion dieser indigenen Moros; es handelt sich um philippinische Muslime, die von den spanischen Kolonialherren mit Referenz auf die Mauren so genannt wurden, er spielt jedoch indirekt darauf an, wenn er die amerikanischen Militärs immer wieder als „christliche Truppen“, „christliche Artillerie“ usw. bezeichnet.

      Clemens‘ Bericht über die aktuellen militärischen Ereignisse in den Philippinen, die in seine autobiographischen Reflexionen so plötzlich einbrechen, nimmt – hier Karl Kraus nicht unähnlich – vor allem die militärische und nationalistische Rhetorik wie auch die Berichterstattung in den Zeitungen, vor allem der Yellow Press, aufs Korn. Die sprachkritische und sprachreflexive Attacke gegen diese amerikanische „pathetic comedy“, von Oeser sehr richtig mit „Schmierenkomödie“ übersetzt, ins Deutsche zu übertragen und dabei einen Diskurs zu finden, der sich von dem reichhaltigen militaristischen Sprachrepertoire des Deutschen unterscheidet, ist schon für sich selbst genommen nicht leicht. Dies wird im folgenden Beispiel, einem Telegramm von Präsident Teddy Roosevelt an den kommandierenden Generalmajor Leonard Wood, deutlich:

      Wood, Manila. Ich beglückwünsche Sie und die Offiziere und Männer unter Ihrem Kommando zu der großartigen Heldentat, mit der sie gemeinsam die Ehre der amerikanischen Flagge hochgehalten haben."

      Clemens’ entlarvende, beißende und schmerzende Ironie, das Vertreibende, das displacement, das in einer ebensolchen Sprache ausgedrückt wird, kommt mit Oeser direkt ins Deutsche:

      "Der Feind zählte sechshundert Personen – einschließlich Frauen und Kinder -, und wir vernichteten ihn vollständig und ließen nicht einmal ein Baby am Leben, das nach seiner toten Mutter hätte schreien können. Das ist der weitaus größte Sieg, den die christlichen Soldaten der Vereinigten Staaten je errungen haben."

      Dabei ergeben sich hin und wieder Probleme. Wie wird man fertig mit einem Offizier, der vom eigenen friendly fire verletzt wurde und dabei überlebte, und das noch dazu heldenhaft, in einer komplexen, hochironischen englischen Wendung also „immortally wounded“ war. "Unvergänglich" und "unsterblich" greifen da zu kurz, und also kommt Oeser für „immortal“ zur lutherischen Vokabel „untödlich“, das sowohl im christlichen Sinne ewig meint als auch „nicht verletzt“, wie uns ein Blick in Grimms Wörterbuch lehrt – Beispielsatz aus der Poesie der Niedersachsen: „als derselbe durch einen meuchelmörderischen schusz, wiewol untödtlich, verwundet worden“. „Anscheinend“, so heißt es dann in Oesers Übersetzung, „war der untödlich Verletzte ein Rough Rider.“ Man muss bei der Lektüre von Oeser nicht unbedingt Grimms Wörterbuch konsultieren, um diese stilistische Differenziertheit zu verstehen, aber wenn man es tut, erkennt man, was hier passiert.

      Die Presse und auch die Netzwerke haben Oesers Übersetzung sehr gelobt. Von einer Herkulesleistung wurde gesprochen, einer „kongenialen“ und „ausdrucksstarken“ Übersetzung. Unsere Jury, ich eingeschlossen, befand, "dass Oeser die verschiedenen Sprach- und Stilebenen souverän und mit präzisem Gespür für Nuancen in ein flüssiges Deutsch übertragen hat. Mark Twain in Oesers Sprache plaudert und erzählt, reminisziert und reflektiert auf so einnehmende Weise, dass der Leser den Lebensspuren Twains gern und interessiert folgt".

      Die Mikroanalyse des Laudators geht jetzt aber über das Jurymitglied hinaus. Hans-Christian Oeser, meine Damen und Herren, gibt diese Schlächterei, dieses „Gemetzel“, wie er „slaughter“ noch zutreffender übersetzt, nicht nur adäquat wieder, sondern er geht über die Intensität des Textes hinaus. Wenn Clemens die Situation analysiert, die beim Volk der Moros bestand, “before their last man and woman and child perished”, so heißt dies bei Oeser – korrekt, wie ich meine, nicht übersetzerisch korrekt, aber in der Haltung – „bevor die letzten ihrer Männer, Frauen und Kinder ermordet worden“ waren.“ (363) The translator is displacing the original and his dictionary.

      Als zu Ende der Kämpfe offensichtlich alle überlebenden und verletzten Moros, viele Frauen und Kinder inbegriffen, hingemetzelt wurden, heißt es bei Clemens: „We cleaned up our four days’ work and made it complete by butchering those helpless people.“ Wie schön, dass das militärisch belastete und dabei verklärend euphemistische „clean-up“ bei Oeser von einer ganz anderen metaphorischen Wendung displaced wird: „Nach unserer viertägigen Arbeit schufen wir Ordnung und führten sie zu Ende, indem wir diese hilflosen Menschen abschlachteten.“

      Eine der erschütterndsten Passagen in diesem Bericht ist die imaginierte Reaktion der Kinder, die sich inmitten dieser Kämpfe befinden: "we see only that they are children — merely children. And if they are frightened and crying and in trouble, our pity goes out to them by natural impulse. We see a picture. We see the small forms. We see the terrified faces. We see the tears. We see the small hands clinging in supplication to the mother.

      “Wir sehen ein Bild”, übersetzt Oeser. “Wir sehen die entsetzten Gesichter.” „Wir sehen die Tränen.“ Aber bei „We see the small forms“ verdrängt er das Original durchs Konkrete: „Wir sehen die kleinen Körper.“

      Hans-Christian Oeser fordert für den Übersetzer Selbstbewusstsein ein. Er hinterlässt, wie er sagt, „seine unverkennbare Handschrift, seinen unverwechselbaren Fingerabdruck, gleichviel, ob er sich der akribischen Nachbildung von Syntax und Semantik oder einem eher freieren Umgang mit dem Original verpflichtet fühlt.“ Der „Eigensinn“ wird bei ihm positiv aufgewertet. In unserem Gespräch betonte Hans-Christian Oeser, der Übersetzer brauche viel Raum. Diese Metapher verdeutlicht sich mir mit Goldsmiths Metapher des displacement, denn displacement heißt ja nicht Verschwinden des Raums, sondern Versprengung in einen neuen, größeren und auch offeneren, unorganisierten. Der Übersetzer braucht diesen Raum, um die Sprache des Originals in der Übersetzung – vielleicht in die Übersetzung – zu versprengen und  gerade damit seiner Aufgabe gerecht zu werden.

      Ich möchte Kenneth Goldsmiths konzeptuelles Bild für Oesers Übersetzung der Clemens’schen Autobiographie nicht überstrapazieren. Seine displacements sind nicht durchgängig, sondern punktuelle Ereignisse, aber sie beweisen eine Tendenz, die nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch Mut und Energie erfordert. Übersetzung, so möchte ich mit Oeser auf Goldsmith antworten, kann mit displacement einhergehen. Es ist nicht bloß ein idyllisches Mahl unter Freunden, sondern häufig auch ein Döner auf der kalten Straße.

      Wenn Hans-Christian Oeser bei einem so bekannten Autor wie Mark Twain seine eigene übersetzerische Sprache entwickelt, erschließt er diesen Autor für das deutschsprachige Publikum neu. Das Privileg des Übersetzers, in Welten „einzutauchen, die ihm ansonst verborgen geblieben wären“, kommuniziert er dem Publikum durch eine neue Sprache.

      Seinen Mut, meine Damen und Herren, hat Hans-Christian Oeser vieldutzendfach bewiesen, bei Übersetzungen aus der irischen Literatur, die er für das deutsche Publikum entdeckt hat, wie Maeve Brennan, Edward P. Jones oder Sebastian Barry, genauso wie bei Namen aus der großen weltliterarischen Tradition wie Samuel Pepys, Oscar Wilde, D. H. Lawrence oder F. Scott Fitzgerald.

      Für sein den Globus überspannendes übersetzerisches Werk, das momentan 128 publizierte Titel umfasst, hat er unter vielen Auszeichnungen den Europäischen Übersetzerpreis und den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis erhalten – der Helmut-M.-Braem-Preis schließt sich hier sehr würdig an.

      Nach seiner Gymnasialzeit in Kasssel und einem Studium der Germanistik, Philosophie, Politologie und Pädagogik in Marburg und in Berlin lebte Hans-Christian Oeser seit 1980 in Dublin. Seine Irlanderfahrung schärfte sicherlich sein Bewusstsein für displacement, durch die eigene Erfahrung aber auch die Geschichte seines neuen Landes. Es hat sein Bewusstsein für koloniale, halbkoloniale und postkoloniale Phänomene auch in der literarischen Übersetzung geschärft.

      Seine Biographie lässt ganz deutlich eine doppelte Identität erkennen, die dieses Ehrenmitglied der Irish Translators‘ and Interpreters‘ Association auf Lebenszeit, der ja auch deutsche Literatur ins Englische übersetzt – etwa Lyrik von Günter Kunert, Michael Krüger, Elke Schmitter und Günter Grass –, zu einer ganz besonders komplexen übersetzerischen Persönlichkeit macht. Er verkörpert die Über-Setzung, die biographische Erfahrung des Menschen parallelisiert seine Tätigkeit.

      Oesers übersetzerisches Werk und insbesondere die heute zu feiernde Autobiographie hat etwas Viszerales. Übersetzer, so sagte er mir, denken mehr nach. Sein übersetzerisches Nachdenken geht aber auch durch seinen Körper – so empfinde ich das jedenfalls als Leser der vielen hundert Seiten auch jenseits der Übersetzungsanalyse. Hier hat sich ein ganzer Mensch eingebracht, a man put his whole body not just on the line but in the line – die sinnliche Erfahrung drückt sich in Klang und Rhythmus aus. Ich möchte Hans-Christian Oeser danken und ihm meine Bewunderung ausdrücken für sowohl seine enorme Anstrengung als auch seine Leistung, die sich im Resultat äußert.

(gehalten am 28. Juni 2014 in Wolfenbüttel)

bottom of page