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presse - rezensionen

D. H. Lawrence: Söhne und Liebhaber. Roman. Erstmals vollständig aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort von Hans-Christian Oeser. Stuttgart: Reclam, 2011.

 

 

Auch wenn das sexuelle Begehren erwidert wird, bleibt die Erfüllung aus. Selbst nach dem endlich gelungenen Akt - mit einer verheirateten, also dem Status der Mutter vergleichbaren Frau - muss Paul Morel einsehen, "sein Erlebnis sei unpersönlicher Art gewesen und habe nicht Clara gegolten". (Es ist ein Vorzug der neuen,"erstmals vollständigen Übersetzung", dass sie bei den erotischen Passagen, die der englische Verlag 1913 unterdrückte, wieder dem Manuskript des Autors folgt).
 

(Heinz Schlaffer, Süddeutsche Zeitung, 30. März 2011)

 

 

„Söhne und Liebhaber“ gilt als einer der herausragenden Romane des 20. Jahrhunderts – nach meinem Eindruck zurecht. Ich kann mich nicht erinnern, ein Buch von diesem stattlichen Umfang mit so großer Begeisterung und im wahrsten Sinne des Wortes ohne es aus der Hand legen zu können runtergelesen zu haben. Dazu tragen natürlich auch die hervorragend lesbare Übersetzung von Hans-Christian Oeser bei, der allen Figuren ihren ganz eigenen Soziolekt verleiht, sowie die wunderbar leserfreundliche und hochwertige Ausgabe der Reclam-Bibliothek, die sich auch nach vielen Lesestunden noch wunderbar angenehm lesen, blättern und anfassen lässt. Zentrales Thema des im Jahre 1913 erschienenen, im englischen Bergarbeitermilieu spielenden Romans ist die Beziehung des jungen feingeistigen Paul Morel zu seiner dominanten aber dennoch sehr differenziert dargestellten Mutter, an der sich sein Leben und auch die Beziehungen zu zwei jungen Frauen – Miriam und Clara – orientieren und die ihn letztlich bis über den Tod der Mutter hinaus fesselt und einengt. Den weiteren Inhalt möchte ich an dieser Stelle nicht zusammenfassen – das ließe sich in der Kürze der Rezension in dem Buch angemessener Weise nicht bewerkstelligen. Als Fazit bleibt jedoch zu ziehen, dass „Söhne und Liebhaber“ – vorliegend zum ersten Mal in ungekürzter Form übersetzt – dank seiner klaren Sprache, seiner Lebensklugheit, seines Humors und seiner ganz differenzierten Betrachtungsweise ein großartiges und unbedingt empfehlenswertes Leseerlebnis verschafft!


(Jan Peter Schmitt, Amazon Kundenrezension, 12. April 2011)


Der legendäre Roman „Söhne und Liebhaber“ von D. H. Lawrence erscheint neu und erstmals vollständig übersetzt. Nun werden seine Schwächen deutlicher, aber auch sein erzählerisches Raffinement.
[...]

      Dem noch unbekannten Autor kürzte sein Lektor für die Erstausgabe etliche Passagen heraus oder änderte sie ab, teils um die ausufernde Handlung zu straffen, teils aber auch, um als unziemlich angesehene erotische Schilderungen auszumerzen. Und so sollte die Textgestalt bleiben (auch in den bisherigen beiden deutschen Übersetzungen von 1925 und 1932), bis eben 1979 erstmals das Manuskript herangezogen wurde. Allerdings hatte sich Lawrence 1913 mit den Änderungen arrangiert. Ob er selbst also gewünscht hätte, die Bearbeitungen rückgängig zu machen, kann man nicht mit Sicherheit sagen.

      Dennoch ist es ein Segen, dass die dritte deutsche Übersetzung, von Hans-Christian Oeser erstellt, nun auf die revidierte Fassung von „Sons and Lovers“ zugreift. Denn die lapidare Sprache, die Lawrence im Geist des viktorianischen Sozialromans mit pathetischen Einschüben durchsetzt, wird darin deutlicher. Und dabei sind es weniger die für die damalige Zeit freizügigen Schilderungen, die hier wichtig sind, sondern die höchst symbolisch aufgeladenen Naturbeschreibungen. Nur ein Beispiel, das diese Prosa zum Funkeln bringt: „Als sie über eine große Wiese gingen, die schräg in der Sonne lag, auf einem Pfad, der mit unzähligen winzigen Glitzerpunkten übersät war, schlang Paul, der neben Miriam ging, seine Finger um den Henkel der Tasche, die sie trug, und sofort spürte sie Annie hinter sich, lauernd und eifersüchtig. Aber die Wiese lag in gleißenden Sonnenschein gebadet, und der Pfad war mit Juwelen bestreut, und es geschah so selten, dass er ihr irgendein Zeichen gab. Sie hielt ihre Finger um die Henkel der Tasche sehr still, und seine Finger berührten sie. Und die Gegend war golden wie eine Erscheinung.“

      [...] die neue Übersetzung sorgt dafür, dass auch das Frühwerk jetzt seinen Goldstreif erhält.


(Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. April 2011)

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